Quelle: Walliser Bote: WIRTSCHAFT | Swissfillon AG ist auf dem Markt – Mittwoch, 7. März 2018 und http://www.1815.ch/news/wallis/aktuell/wie-ein-formel-1-team-20180307-0/
WIRTSCHAFT | Swissfillon AG ist auf dem Markt
Wie ein Formel-1-Team

Visp. Ein zweistelliger Millionenbetrag wurde während vier Jahren in den Aufbau der Produktionsanlage, des Teams und in die Testphase der Abfüllanlagen der Swissfillon AG investiert. Seit einem halben Jahr steht das Unternehmen nun auf dem Markt.
Pharmaunternehmen setzen zunehmend auf die Entwicklung hoch spezialisierter Medikamente. Diese werden in verhältnismässig kleinen Mengen hergestellt, weshalb sich die Investition in eigene Abfüllanlagen oft nicht auszahlt. Auf die dadurch entstandene Nische setzt man bei der 2013 gegründeten Swissfillon AG, die sich 2016 im Erdgeschoss des BioArks in Visp eingemietet hat. «Wir haben uns auf die Abfüllung flüssiger und steriler Injektionslösungen spezialisiert», präzisiert CEO Daniel Kehl. Diese werden in kleine Fläschchen (sogenannte Vials), Spritzen oder Kartuschen auf den Zehntel Milliliter genau abgefüllt. Wird eine solche Flüssigkeit später einem Patienten injiziert, sollten dabei keine Luftbläschen in seinen Kreislauf geraten. Deshalb sehe man oft in Filmen, wie Ärzte erst die Luft aus der Spritze entweichen liessen, veranschaulicht Kehl. Swissfillon hat deshalb gemeinsam mit dem Maschinenhersteller eine Vakuum-Technik weiterentwickelt, die es ermöglicht, Spritzen und Kartuschen beim Abfüllen die Luft zu entziehen.
Keine Sorgen wegen Patenten
Obwohl die spezielle Abfüll-Technologie aus verschiedenen Gründen nicht patentrechtlich geschützt werden konnte, fürchtet sich Kehl nicht vor Nachahmern: «Für den Betrieb der hochkomplexen Anlage ist man auf ein Team von Experten angewiesen, das für jedes Produkt ein Feintuning vornehmen muss. Wie in der Formel 1: Das Auto kann man mit Geld kaufen, für den Erfolg braucht es aber noch den richtigen Fahrer, Training, Material, Technik und das richtige Boxenteam.»
Um überhaupt derart unterschiedliche Produkte für verschiedene Auftraggeber abfüllen zu können, musste das Visper Startup in seiner vierjährigen Aufbauzeit unzählige Tests durchführen. «Wir müssen hundertprozentige Sicherheit gewährleisten können, wenn wir beispielsweise erst ein Diabetesmedikament und anschliessend eines für Krebspatienten abfüllen», so Kehl. Die hohen Sicherheitsanforderungen in der Pharmabranche sorgen für entsprechend langwierige Marktzulassungsverfahren. Im Februar 2018 war es dann aber schliesslich so weit und man erhielt die Zulassung von Swissmedic. Damit sei man nun einer der ganz wenigen Anbieter weltweit, der mit einer solch hohen Flexibilität hoch spezialisierte Produkte in kleinen Mengen abfüllen könne.
Visp punktet gegenüber anderen Pharma-Hotspots
Das Startup war in seiner Aufbauphase mit weiteren, grossen Herausforderungen konfrontiert. «Wir haben nach nationalen und internationalen Partnern gesucht, die nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch Know-how einbringen würden», erzählt Kehl. Diese mussten aber erst überzeugt werden. Die heutigen Partner aus der Schweiz, Österreich, Deutschland und Italien hätten in der Idee zwar schnell einmal Potenzial gesehen, der Standort Visp wirkte auf sie jedoch anfangs etwas exotisch, berichtet Kehl. «Doch für Visp spricht nicht, dass ich zufällig hier aufgewachsen bin. Es gibt mehr als genug wirtschaftliche Argumente für diesen Standort.» Von Visp aus ist man innerhalb von zwei Stunden an den internationalen Flughäfen in Zürich, Genf und Mailand, nennt er einen Grund. Das Argument der Mitarbeiterverfügbarkeit konterte Kehl wie folgt: An einem Pharma-Hotspot wie Basel würden zwar viele Spezialisten wohnen. Bei einem hoch spezialisierten Unternehmen wie Swissfillon müsste man diese aber sowieso erst einarbeiten. Im Wallis sei es zwar schwieriger, Fachspezialisten zu finden, sobald man diese aber einmal gefunden und eingearbeitet habe, profitiere man von hoher Mitarbeiter-Loyalität und der geringen Fluktuation. «Das sehen auch unsere internationalen Partner inzwischen so», meint Kehl.
Erfahrung bei Startups
Der studierte Verfahrensingenieur ist kein Neuling im Aufbau von Startups. Nachdem er zehn Jahre lang in der Lonza als Projektingenieur gearbeitet hatte, baute er vor zwölf Jahren die pixon engineering AG auf, die gegenwärtig fast 50 Mitarbeiter zählt. Für die Entwicklung von Swissfillon hat er sich dort 2014 aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Die Idee für Swissfillon entstand denn auch innerhalb von pixon, da das Ingenieurunternehmen über die Jahre fundierte Kenntnisse des Pharmamarkts aufbauen konnte. Im Auftrag von Swissfillon übernahm pixon schliesslich die Planung und den Bau der Anlagen.
Seit der Marktzulassung hat sich die Lage vielversprechend weiterentwickelt, sagt Kehl: «Wir konnten bereits mehrere interessante Kundenverträge abschliessen.» Gegenwärtig beschäftigt Swissfillon zehn Mitarbeiter. Die Zahl könnte jedoch rasch steigen, falls sich die Aufträge wie gewünscht entwickeln.
mas